„Ausgestopfte Juden?“ Geschichte, Gegenwart und Zukunft Jüdischer Museen, herausgegeben von Felicitas Heimann-Jelinek und Hannes Sulzenbacher. Göttingen: Wallstein Verlag, 2022. 432 Seiten, EUR 30, ISBN 978-3-8353-5259-9

Uri R. Kaufmann 
Alte Synagoge Essen
uri-robert.kaufmann@alte-synagoge.essen.de

Die beiden Herausgeber versammeln 24 Autoren. Es sind Direktoren, Kuratoren und SammlungsleiterInnen. Im Buch selbst ist weiter der Katalog der Wechselausstellung des Jüdischen Museums Hohenems enthalten, die zurzeit (Herbst 2022, Ausstellungsdauer 26.6.2022–19.3.2023) dort zu sehen ist. Der Katalogteil macht ein Drittel des Buches aus. Die Autoren stammen aus dem deutschsprachigen Raum, aus den USA., aus Osteuropa einschliesslich der Ukraine und sogar aus Ägypten.

Es geht zum einen Teil um die Geschichte jüdischer Museen vor 1933/1939, aber auch um die Zukunft: Was soll ein jüdisches Museum zeigen? Wie soll es sich in den gesellschaftlich-politischen Kontext einordnen? Was bedeutet „jüdisch“ heute? Wer hat die Definitionsmacht über Judentum? Es gibt dazu sehr verschiedene Antworten und das befördert durchaus eine kreative Debatte.

Je nach Geschichte und Land richten sich jüdische Museen an ein anderes Publikum: In den USA ist vor allem die jüdische Gemeinschaft angesprochen, in Europa viel weniger und hier ist zwischen den Ländern der Diskontinuität jüdischer Bevölkerung (Deutschland, Polen) und solchen der teilweisen Kontinuität (Frankreich, Italien) zu unterscheiden. Auch aktuelle Forderungen der Politik an Museen werden angesprochen, etwa der Fall des Judaisten und Emeritus der Freien Universität Berlin Peter Schäfer, der den iranischen Kulturattaché ins dortige Jüdische Museum eingeladen hatte und darauf zum Rücktritt gezwungen wurde. Interessant ist zu sehen, wie muslimische Akademiker jüdische Museen oder Orte (Synagoge in Alexandria) wahrnehmen. Diese internationale Kooperation ist durchaus gelungen, wie wohl Jüdische Museen in Italien, Frankreich oder Spanien zu kurz gekommen sind. Man hätte auch den Wandel der Museologie in Israel intensiver behandeln können, etwa die Umgestaltung des ehemaligen Beit HaTefuzot, des „Hauses der Diaspora“ zu einem „Haus des jüdischen Volkes“.

Kritisch wird die im deutschsprachigen Raum in den 1970er Jahren beginnende Museologie diskutiert. Kritisch wird die Ankaufspolitik der 1980er und 1990er Jahre in Mitteleuropa analysiert, durchaus auch selbstkritisch auf Hohenems bezogen, was aber auch für die anderen Orte galt. Im Katalogteil spielt die kleine Sammlung des ehemaligen jüdischen Museums Presov in der Slowakei eine grosse Rolle: Man hätte gern gewusst weshalb?

Insgesamt aber ist es ein anregendes Buch und gerade die amerikanisch-europäische Perspektive mit kurzen Blick nach Alexandria und Istanbul ist gelungen.